Am 27. Dezember 1979 marschierte die Sowjetarmee in einer Stärke von 120000 Mann (»Begrenztes Kontingent«) in Afghanistan ein und entfesselte damit endgültig die Katastrophe, von der sich das Land bis auf den heutigen Tag nicht erholt hat. In der folgenden, fast 10 Jahre währenden Besatzungszeit starben rund 15000 sowjetische Soldaten, aber weit über eine Million Afghanen, weitere fünf Millionen wurden ins Exil getrieben, hauptsächlich in die Nachbarländer Iran und Pakistan.
Für mich war allerdings damals Afghanistan immer noch kein Thema, vielmehr laborierte ich in jenem Jahr vor allem an den Folgen der Großen Deutschen Schneekatastrophe in den Monaten Januar und Februar, die zwar hauptsächlich Norddeutschland betraf und Köln nur am Rande streifte... nichtsdestotrotz führte sie mir mal wieder schmerzlich die Inferiorität meines Rheinländerdaseins vor Augen, das von echter Härte, Hunger und Kälte, gnadenlosem Überlebenskampf so rein gar nichts weiß... damals beneidete ich schon die Leute in den östlichen Vororten von Bergisch Gladbach (heute Sherabad), Moitzfeld, Herkenrath und so, um ihr herrlich hartes Leben mit Bären, Wölfen, meterhohem Schnee , minus vierzig Grad von November bis April, bolschewistischen Partisanen in den Wäldern und jeder dritten Nacht Fliegeralarm... und der Anblick von Januar-Isothermenkarten von Mitteleuropa trieb mir regelmäßig die Tränen in die Augen (dass Amsterdam trotz oder womöglich sogar wegen seiner hochgradig verweichlichenden plus 4 Grad Januardurchschnittstemperatur ein entschieden lohnenderes Reiseziel war als der Böhmerwald oder Ostpreußen konnte ich damals noch nicht wissen... aber das sollte sich schon im darauffolgenden Jahr ändern!)
Im Sommer dann an die Adria, mit psychischer Achterbahnfahrt quer über die Alpen, was immerhin den Vorteil hatte, dass ich auf dem Rückweg gründlich von meiner Zillertalphobie kuriert wurde. Dass Ancona der Stammsitz der Firma GEM war, konnte ich zu jener Zeit allerdings noch nicht ahnen, da sich meine Musikambitionen vorerst auf gelegentliches einhändiges Herumklimpern auf den Klavieren der gutbürgerlichen Verwandtschaft beschränkten.
Auch mein geradezu physischer Ekel (»Pfui!!!«) vor gleichaltrigen italienischen Jungs als Spielkameraden (mein jüngerer Bruder hatte überhaupt keine Probleme damit) zeugte von einem ungesunden Missverhältnis zwischen Lebensalter und soziokulturellem Habitus...
Dann an Weihnachten der Reader's Digest-Band »Die letzten Geheimnisse unserer Welt« als Geschenk... und darin »Die Skythen - wilde Reiter der Steppe«! Wow!!! Das dürfte wohl, mit gerade mal 10 Jahren, meine Initialzündung zur Homomaskulinität gewesen sein, und an der von mir präferierten Sorte Traumprinz hat sich seither nichts Grundlegendes geändert - langhaarig und bärtig muss er einfach sein! Und 26 Jahre später wurde der Traum dann endlich Wirklichkeit...
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